Mailbox: Kommunikation per Computer

Mit dem Akustikkoppler in die Mailbox

„Ein Hobby, das süchtig macht“
Ein Beitrag aus der Ludwigsburger Kreiszeitung Nr. 104 vom 6. Mai 1994, mit freundlicher Erlaubnis zur Veröffentlichung auf meiner Webseite für das virtuelle Computermuseum.

1994 war mitten in der Hochzeit der Computer-Mailboxen.
Nur Insider kannten das Internet, das WWW, das die meisten Menschen heute mit dem Internet gleichsetzen, war gerade einmal 5 Jahre alt.
Bis Facebook online ging, dauerte es noch 10 Jahre!
Google sollte erst 3 Jahre später gegründet werden.
Amazon war gerade eben erst angetreten und fast niemand ahnte, wie es die Welt verändern würde.

Die Mailbox-Zeit ist bald 30 Jahre her, schön war es…
Wir hatten Spass – viel Spass und irgendwann wurde auch die Ludwigsburger Zeitung (www.lkz.de) auf uns aufmerksam und hat einen Artikel über die 42er-Box Ludwigsburg veröffentlicht.

Vielen Dank an die LKZ, dass ich den Artikel für mein virtuelles Computermuseum verwenden darf.
Zur besseren Lesbarkeit habe ich den gescannten Artikel abgetippt:

================ Hier beginnt der Zeitungsartikel ========================

Datenfernübertragung zum Zeitvertreib bekommt immer mehr Zulauf – Nachrichten angeboten

Ingersheim. – Vor Jungs wie Jochen Drexel müsste die Telekom eigentlich den roten Teppich ausrollen:
Der 23 jährige Informatik-Student betreibt mit drei Freunden seit einem Jahr eine „Mailbox“ – einen privaten Datenumschlagplatz, über den sich inzwischen mehr als 200 feste Kontaktleute per Computer mit Informationen aller Art versorgen. Und dieser schwunghafte Datenaustausch über die Telefonleitung läßt den Gebührenzähler heißlaufen. Dabei ist „Team 42“, wie sich Drexel & Co. nennen, nur eine von rund 2000 „Mailboxen“, die derzeit in der Bundesrepublik betrieben werden.

„Ein Hobby, das süchtig machen kann“, weiß Informatik-Student Jochen Drexel, der zusammen mit drei Freunden die „Mailbox“ namens „Team 42“ gegründet hat, aus eigener Erfahrung.
Ursprünglich waren die vier selbst nur einfache „Mailbox“-Konsumenten, die sich mit ihrem Personalcomputer an ein System angekoppelt haben, das Kabelkontakt zu Gleichgesinnten verspricht oder aber den Abruf von Computerprogrammen, Spielen, Nachrichten sowie Klatsch und Tratsch aus der Computerszene ermöglicht.
Im April vergangenen Jahres ging „Team 42“ mit dem guten Vorsatz ans Telefonnetz, „vieles anders zu machen“.
In erster Linie unterscheiden sie sich von herkömmlichen Netzwerken, daß sie nicht mit einem, sondern gleich mit vier „Systemoperatoren“ am Werk sind. Was soviel heißt, daß hier vier Mann mit vier eigenständig nutzbaren Systemeinheiten zur Verfügung stehen.

Technik für 25.000 Mark

„Auch für dieses Hobby muß man ein Stück weit verrückt sein“, erklärt Jochen Drexel und denkt dabei nicht zuletzt an die aufwendige technische Ausstattung, für die er und seine Mitstreiter inzwischen rund 25 000 Mark hingeblättert haben.

Betrieben wird ihre Schaltzentrale, die mit „2,2 Gigabyte Plattenkapazität“ einen Informationsumfang von etwa 1,1 Millionen Din-A4-Seiten besitzt, mit fünf Telefonanschlüssen – darunter auch eine Digitalleitung, die bei der Überspielung der täglichen Datenflut durch fixeres Tempo die Gebühren in Grenzen hält.
Der einfache Teilnehmer an der Mailbox von „Team 42“ wird in den Unterlagen als „User“ geführt, der nur dann und wann Kontakt sucht.
Wer den Datentransfer häufiger in Anspruch nimmt, bekommt in der Zentrale eine eigene Kennzahl zugeordnet. Gegen eine geringe Benutzergebühr darf er sich eigenständig und fast uneingeschränkt am Fundus des Zentralspeichers vergreifen. Die tägliche Ausnutzung des „Team 42“-Systems beträgt im Schnitt etwa 50 bis 80 Betriebsstunden. An Wochenenden oder im Winter sind es nicht selten zwischen 150 und 200 Stunden

Gegen rechte Szene

Bedienen oder mitteilen darf sich zunächst aber nicht jeder Computerbesitzer.
„Zugriff erlauben wir eigentlich nur solchen Leuten, die wir auch persönlich kennen“, erklärt Holger Ankenbauer, in dessen Wohnung sich „Team 42“ eingerichtet hat. Wenigstens über Kontrollanrufe werden die Angaben der Benutzer überprüft. Es gilt, sich vor Mißbrauch zu schützen. Vor allem die rechtsradikale Szene hat die Vorzüge der Datenfernübertragung längst für ihre Zwecke entdeckt. Freizeitbetreiber wie „Team 42“ wissen darum und wehren sich dagegen, mit derlei schwarzen Schafen in einen Topf geworfen zu werden. Denn sie haben selbst schon schlechte Erfahrungen mit einem Gesinnungsgenossen der rechten Szene gemacht. In solchen Fällen reagiert „Team 42“ rigoros und kappt die Verbindung.


Rund 700 „User“ und insgesamt 17 000 „Online-Anrufe“ haben sie seit ihrer Gründung vor gut einem Jahr registriert. Auffallend in ihrer Benutzerstatistik ist der geringe Anteil des weiblichen Geschlechts, der es gerade mal auf drei Prozent bringt. Dabei oder gerade darum sind Frauen als Kontaktpartner sehr begehrt: Als sich Nicole auf dem Zentralbildschirm in den laufenden Austausch von vier Jungs einklinkt, lautet ihre zweite Reaktion: „Stop! Nicht alle auf einmal.“ … (raf)

Hier der Originalscan aus der Ludwigsburger Kreiszeitung 104 vom 6. Mai 1994 (www.lkz.de)
Alle Rechte liegen bei der LKZ:

Mailbox: Kommunikation per Computer
Artikel aus der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 6. Mai 1994

================ Ende Zeitungsartikel (Quelle: Ludwigsburger Kreiszeitung) ========================

Weitere Retro-Artikel zu Computern:


Hauptbereich Computermuseum auf www.bastel-bastel.de

Altes Computerzeug… (Übersichts-Artikel)

Computermuseum: DFUe – Datenfernübertragung

Computermuseum: Prozessoren und Speicher

Vor-Internet-Zeiten: Die 42er-Box Ludwigsburg in bunten Bildern und einer Chronik ab 1993